"Historische Chance" SPD empfiehlt
für die Stichwahl Korwisi


bie. BAD HOMBURG. Die SPD hat für die Stichwahl am 10. Mai eine Empfehlung für Michael Korwisi (Die Grünen) ausgesprochen. Nachdem der eigene Kandidat der Sozialdemokraten, Karl Heinz Krug, im ersten Wahlgang der Oberbürgermeisterwahl mit 21,7 Prozent an dritter Stelle lag und damit ausgeschieden ist, votierten die Gremien mehrheitlich für den Herausforderer von Oberbürgermeisterin Ursula Jungherr (CDU).


Der ehemalige Stadtrat Korwisi tritt als Unabhängiger an. Den Ausschlag habe letztlich der erkennbare Wunsch von mehr als 60 Prozent der Wähler gegeben, einen Wechsel an der Verwaltungsspitze herbeizuführen, sagte die SPD-Vorsitzende Elke Barth am Samstag. "Das ist eine historische Chance, da wollen wir nicht herumeiern." Die Entscheidung sei seit dem Wahlsonntag bis zur Sitzung von Vorstand und Ortsbezirken am Donnerstag gereift, sagte Barth. Zur CDU bestünden große inhaltliche Unterschiede in der Wohnungs- und Sozialpolitik. Auch die Entscheidung für einen Anbau an die Albin-Göhring-Halle in Ober-Eschbach zeige, dass die CDU nichts verstanden habe, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Waldemar Schütze. Über einen Oberbürgermeister Korwisi erhoffe sich die SPD letztlich mehr Gewicht.

Trotz der Wahlempfehlung sind bei der SPD kritische Zwischentöne nicht zu überhören. In der offiziellen Erklärung der SPD ist von Zweifeln die Rede, dass mit einem Oberbürgermeister Korwisi "neben einer Veränderung auch tatsächlich eine Verbesserung eintritt". Diese Befürchtungen ihrer Mitglieder und Wähler nehme die SPD ernst. Krug selbst bezeichnete das Programm des unabhängigen GrünenPolitikers als "Sammelsurium, das oft nicht zusammenpasst". Im Laufe des Wahlkampfs habe er sein Programm am deutlichsten geändert, zuletzt nach dem ersten Wahlsonntag. Jetzt fänden sich zahlreiche Passagen seiner eigenen Forderungen, vor allem zur Wirtschaftspolitik, bei Korwisi wieder, sagte Krug.

Jungherr kreidete er an, sich bei der unentgeltlichen Kinderbetreuung oder dem Homburg-Pass mit originären SPD-Vorschlägen zu schmücken. Auch sei es zwar nicht verkehrt, das Geld zusammenzuhalten, wie es die Amtsinhaberin tue. Doch viele Mittel würden einfach deshalb nicht ausgegeben, weil die Projekte nicht zustande kämen. Krug hat nach eigenen Worten nach der Wahl ein "nettes Telefonat" mit Jungherr geführt. Bei aller Kritik bezeichnete er die Auseinandersetzung im Wahlkampf als "fair und in Ordnung". Das Abschneiden der Oberbürgermeisterin habe vor allem auch die Bad Homburger CDU zu verantworten, die sich immer mehr den Bürgern entfremde. Die Bürger hätten deren Intrigen und Grabenkämpfe satt.

Die CDU bedauerte gestern die SPD-Empfehlung. Sie sei schwer nachzuvollziehen, so der Fraktionsvorsitzende Alfed Etzrodt, weil nur Krug und Jungherr auf Sachpolitik gesetzt hätten. Damit werde die Wahl am 10. Mai endgültig zu einer Richtungsentscheidung zwischen Rot-Grün und der bürgerlichen CDU/FDP-Koalition.


Text: F.A.Z., 04.05.2009, Nr. 102 / Seite 40